Nachrichtenwerte sind euch bestimmt schon häufiger in Eurem Studium begegnet. Aber was sind denn noch mal diese Nachrichtenwerte und wie unterscheiden Sie sich von den Nachrichtenfaktoren?
Die Nachrichtenwerte wurden erstmals von Walter Lippmann im Jahr 1922 aufgestellt. Sie dienen zur journalistischen Entscheidung, ob ein Ereignis zu einer Nachricht wird oder nicht. Demnach erscheint ein Ereignis mit mehr Nachrichtenwerten tendenziell häufiger in der Berichterstattung. Die Nachrichtenwerte können aber auch zur Legitimation des Verhaltens der Journalist:innen benutzt werden. So können Journalist:innen zum Beispiel die Relevanz ihrer Publikation anhand dieser rechtfertigen. Hier aber erstmal die Nachrichtenwerte als Wiederholung, damit Ihr überhaupt wisst, wovon ich rede:
Überraschung/Außergewöhnlichkeit
Bekanntheitsgrad
Struktur
Schaden
Prominenz
Sensation
Dauer
Relevanz
Nutzen
Nähe
Quelle: vgl. Lippmann, Walter (1922): Public Opinion, S. 79-103.
Nach der Wiederholung der Nachrichtenwerte müssen wir jetzt nur noch klären, wie diese sich von den Nachrichtenfaktoren unterscheiden. Prinzipiell haben sich Johan Galtung und Mari Holmboe Ruge 1965 gedacht: Die Nachrichtenwerte sind ja ganz schön und gut so, aber das müssen wir noch erweitern – und zwar durch die Wahrnehmungspsychologie! Deswegen haben sie folgende Nachrichtenfaktoren aufgestellt:
Frequenz
Intensität(-szunahme
Eindeutigkeit
Bedeutsamkeit
Konsonanz
Überraschung
Kontinuität
Variation
Negativismus
Personalisierung
Bezug auf Elite-Personen
Bezug auf Elite-Nationen
Quelle: vgl. Galtung, Johan, Ruge, Mari Holmboe (1965): „The Structure of Foreign News: The Presentation of the Congo, Cuba and Cyprus Crisis in Four Norwegian Newspapers”, Journal of Peace Research, 2, S. 64-91.
Es wurde aber auch viel Kritik an den Theorien geübt. Zum einen orientieren sich die Journalist:innen nicht nur an den Nachrichtenwerten und Faktoren. Sie müssen sich auch an rechtliche oder redaktionelle Vorschriften halten. Zum anderen führen diese Werte und Faktoren zu einer nicht gerechten Realitätsabbildung in den Nachrichten. Viel mehr tragen sie zu einer zunehmenden Spaltung zwischen der Medienrealität und der richtigen Realität bei. Dies liegt daran, dass die Journalist:innen nie die gesamte Realität in ihrer Komplexität darstellen können. Zudem sehen die Kritiker:innen die Nachrichtenfaktoren weniger als Merkmale von Ereignissen, sondern vielmehr als eine journalistische Hypothese der Wirklichkeit.
So jetzt wisst Ihr wieder was die Nachrichtenwerte und Faktoren sind und könnt sie jederzeit anwenden. Falls ihr euer Wissen noch vertiefen wollt, könnt ihr euch gerne Walter Lippmanns Buch „Public Opinion” oder den Aufsatz von Galtung und Ruge durchlesen. Ebenfalls empfehlenswert ist der Aufsatz „Der Nachrichtenwert der Nachrichtenfaktoren” von Hans Mathias Kepplinger im Buch „Journalismus als Beruf” (2011).